Der länderübergreifende Naturpark Nagelfluhkette ist jüngstes Mitglied im Verband der Naturparke Österreichs. Seit diesem Jahr ist das Gebiet im Vorarlberger Bregenzerwald und im Bayerischen Allgäu nun auch offiziell Teil der österreichischen Naturpark-Familie. Dort wurde das Schutzgebiet – auch aufgrund seiner bisherigen umfangreichen Aufbauarbeit – mit offenen Armen aufgenommen.
Die Geschäftsstelle im Gemeindeamt in Hittisau ist mit drei NaturparkmitarbeiterInnen besetzt. Die Leitung wird im Vorderwald durch zwei RangerInnen unterstützt. Das Vorderwald-Team wird durch die MitarbeiterInnen, die im Allgäuer Teil des Naturparks angesiedelt sind, ergänzt.
Arbeitsschwerpunkte sind die Bereiche BesucherInnenlenkung und Bildung, die in der Praxis querschnitts-orientiert umgesetzt werden.
Die Lenkung der BesucherInnenströme stellt eine zunehmende Herausforderung dar. Trendsportarten, wie das E-Mountainbiken oder eine stetige Zunahme an Skitouren- und SchneeschuhgängerInnen führen zu immer mehr Naturschutzkonflikten, aber auch zu Problemen mit GrundeigentümerInnenn und LandbewirtschafterInnen. Gerade die zunehmende Schneearmut im Zuge des Klimawandels führt zu immer stärkeren Konzentrationen der SportlerInnen und Erholungssuchenden in schneesicheren Gebieten. Andererseits verlängert sich die Saison für Sommersportarten, wie das Wandern oder Radfahren, was zu bisher nicht gekannten Konflikten führt. Die RangerInnen setzen deshalb schon seit geraumer Zeit, die grenzüberschreitende BesucherInnenlenkungsinitiative „Dein Freiraum. Mein Lebensraum“, in enger Verknüpfung mit „RespekTiere deine Grenzen“ um. Kern dabei ist, die SportlerInnen und Erholungssuchenden aufzuklären. Dies erfolgt in zunehmendem Maße auch als „Digital-RangerIn“, im World Wide Web. Dabei werden laufend Tourenportale und soziale Medien nach für die Natur „unverträglichen“ Tourentipps durchforstet.
Die Besucherlenkung ist ein zudem wichtiger Bestandteil der Bildungsaktivitäten in der Nagelfluhkette. Im Vorarlberger Teil sind inzwischen vier Volkschulen Naturpark-Partnerschulen geworden. Das bedeutet, dass die 1. bis 4. Klassen ihren Sachkundeunterricht gemeinsam mit dem Naturpark gestalten und dieser zu großen Teilen draußen, in Begleitung eines Rangers/einer Rangerin oder einer externen Fachkraft, stattfindet. Jedes Jahr finden zudem Junior Ranger Sommercamps statt, bei denen bis zu 80 „NachwuchsrangerInnen“ ausgebildet werden. Den Kindern wird dabei ein verantwortungsvoller Umgang mit der Natur- und Kulturlandschaft vermittelt, egal, ob als Freizeitsportler/Freizeitsportlerin oder als BewirtschafterIn. Im Corona-Jahr 2020 musste einiges geändert werden. Kurzerhand wurden die gemeinsamen Schulaktionen ins Internet verlagert und die „Digitale Naturparkschule“ aufgebaut. Hierbei haben die RangerInnen zahlreiche Kurzvideos gedreht und ins Netz gestellt, was dankbar aufgenommen wurde.
„Der Naturpark Nagelfluhkette ist für uns eine wichtige Entwicklungswerkstatt, um neue Wege bei der BesucherInnenlenkung oder in der Umweltbildung zu erproben. Dabei profitieren wir auch vom länderübergreifenden Erfahrungsaustausch“, führt Landesrat Johannes Rauch aus. „Die grenzüberschreitende Gebietsausdehnung, die enge Zusammenarbeit der Bürgermeister im Naturpark-Gebiet, die professionelle Arbeit des Naturpark-Teams und der engagierte Einsatz vieler Einzelpersonen und Gruppen machen den Naturpark Nagelfluhkette – neben der Schönheit der Natur – zu einem besonderen Erlebnis.“
Weitere erfolgreiche Projekte, die der Naturpark initiiert oder begleitet hat, sind die Gründung einer Naturpark-Metzgerei, die Erarbeitung eines Moorentwicklungskonzepts für die grenzüberschreiten-den Häderichmoore, die Schaffung von Blühflächen und von Strukturelementen in der Kulturland-schaft und der Aufbau der Naturerlebnis-Dachmarke „Bewegende Natur. Geschützte Lebensvielfalt“.
Klimafreundliche Reise durch die schönsten Landschaften Österreichs
Anlässlich des 25-jährigen Bestehens des Verbandes der Naturparke Österreichs (VNÖ) reist eine Naturpark-Delegation mit öffentlichen Verkehrsmitteln durch Österreich und macht Station in Naturparken in acht Bundesländern. Dort tauscht sie sich, gemeinsam mit den jeweils zuständigen politischen VertreterInnen, zu wesentlichen Themen und Entwicklungen im Naturpark-Bereich aus, wobei Natur- und Klimaschutz im Fokus stehen. Der Naturpark Nagelfluhkette ist das fünfte Etappenziel dieser klimafreundlichen Reise.
„Das Prädikat ‚Naturpark‘ wird in Österreich schon seit über 50 Jahren verliehen. Derzeit gibt es 47 Naturparke, die sich kontinuierlich qualitativ weiterentwickelt haben. Gemeinsam engagieren sie sich dafür, ihre einzigartigen Natur- und Kulturlandschaften zu bewahren“, so Franz Handler, Geschäftsführer des VNÖ, „Als bundesweites Naturschutznetzwerk sind die Naturparke prädestiniert, substanzielle Maßnahme für Klimaschutz bzw. Klimawandelanpassung zu setzen.“
Die Reise durch die schönsten Landschaften Österreichs hatte ihren Start beim diesjährigen Naturpark-Gipfel im Naturpark Südsteiermark und soll – in Begleitung von Bundespräsident Alexander Van der Bellen – im Naturpark Rosalia-Kogelberg im Burgenland enden.
Naturparke ziehen beim Klimawandel an einem Strang
Seit der Gründung des VNÖ im Jahr 1995 ziehen die Naturparke durch eine koordinierte Zusammenarbeit und gemeinsame Strategie an einem Strang.
In den kommenden Jahren werden sie sich verstärkt dem Thema „Klimawandel“ zuwenden. Basis hierfür werden sowohl eine eigene Klimastrategie sein, mit deren Entwicklung der VNÖ noch heuer beginnt. Des Weiteren wird auf europäischer Ebene, ebenfalls unter der Führung des VNÖ eine Klima-Deklaration erarbeitet, die 2021 bei einem Festakt von den Naturpark-Verbänden Europas unterzeichnet werden wird.