Wilde Möhre
"Zahm", also gezähmt und kultiviert, ist was für den Hausgarten – unsere "Naturpark-Pflanze des Monats" August ist das nicht, denn sie präsentiert sich ungezähmt und unkultiviert und trägt den Namen "Wilde Möhre".
Familiär gliedert sie sich bei den Doldenblütengewächsen ein, die oft gemieden werden, weil schwierig zu bestimmen; nicht so unsere Wilde Möhre, die ganz charakteristische Merkmale aufweist. Diese blüht jetzt in extensiv genutzten Wiesen, wo sie in vielen der Österreichischen Naturparke noch zu finden ist.
Ein ganz besonderer Doldenblütler
Ein leicht zu erkennender weißer Doldenblütler, der jetzt gerade in bunten Blumenwiesen zu bewundern ist, dessen Pfahlwurzel den Boden lockert und ausgesprochen gut schmeckt und dessen Blüten unterschiedlichste Tierarten zu einem Besuch anlocken, ist unsere Pflanze des Monats – die Wilde Möhre.
Viele Strahlen gehen von einem Punkt aus und an deren Endpunkt beginnt wieder ein Büschel voller Strahlen, an deren Ende kleine Einzelblüten sitzen – das ist das Grundverzweigungsmuster des Blütenstandes der meisten Doldenblütengewächse (Doppeldolde). Und weil daraus im Umriss ein kleiner, meist weißer Schirm aus sehr vielen Einzelblüten gebildet wird, werden die Doldenblütler untereinander leicht verwechselt.
Unsere Wilde Möhre weist am Ausgangspunkt des Blütenstandes schmale und wenig verzweigte lange Hüllblätter auf, die wie kleine Dolche erscheinen. Öfters ist in der Mitte des Blütenstandes eine dunkelviolette Einzelblüte zu entdecken. Das gibt´s nur bei unserer „Naturpark-Pflanze des Monats“ August. Und an warmen Plätzen kann jetzt schon der junge Fruchtstand beobachtet werden, welcher sich ganz typisch vogelnestartig nach oben zusammenkrümmt und aus borstigen Spaltfrüchten aufgebaut ist.
In ihrem ersten Lebensjahr wächst die Wilde Möhre oberirdisch zu einer kleinen Grundblattrosette heran. Diese Blätter sind mehrfach gefiedert, also verzweigt, bestehen aus kurzen linealischen Einzelabschnitten und sind oft behaart. Unterirdisch bildet sie eine Pfahlwurzel aus, die bis fingerdick werden kann.
Im zweiten Lebensjahr gelangt sie fast immer zur Blüte. Diese erscheint im Hochsommer oder, wenn die Wiese bis dorthin schon einmal gemäht wurde, im Spätsommer, also im Zeitraum Mitte Juli bis Mitte September. Die Früchte reifen bis in den Frühherbst, worauf der Rest der Pflanze abstirbt und nur die Samen überdauern. Somit ist unsere Wilde Möhre eine zweijährige Pflanze.
Magere, artenreiche Blumenwiesen sind der bevorzugte Lebensraum der Wilden Möhre, aber auch an offenen Wegrändern ist sie als Pionierpflanze bis in die Bergstufe hinauf zu finden. Die nektarreichen Blüten werden gern von Fliegen, Wildbienen und Käfern besucht, welche die Bestäubung übernehmen. Die kräftige Pfahlwurzel lockert den Boden und ergibt für uns Menschen, nach der Ernte im nichtblühenden Zustand im Herbst oder Frühjahr (1. Standjahr!) und zusammen mit dem Kraut der Pflanze in Butter gebraten, ein ausgesprochen schmackhaftes Wildgemüse. Aber auch den Raupen vom Schwalbenschwanz schmecken die Blätter der Wilden Möhre sehr gut und Streifenwanzen laben sich gern an den Früchten.
Neue Lebensräume bzw. die Ausbreitung am Standort erfolgt über die Samen, welche aufgrund ihrer Klettwirkung meist von Tieren verbreitet werden. Sie sind rasche Lichtkeimer, benötigen aber offene Böden, wie sie nur an nährstoffärmeren Standorten zu finden sind.
Die Wilde Möhre ist damit eine Pflanzenart, die für unsere extensiv und nachhaltig genutzte Kulturlandschaft typisch ist. Daher können wir sie auch noch vielfach in den bunten Blumenwiesen unserer Österreichischen Naturparke bewundern.