Masterarbeitvon Sophia Beck
Das Spannungsfeld Felsklettern und Naturschutz – Ein Ansatz zur Entwicklung nachhaltiger Besucherlenkungsstrategien am Beispiel Naturpark Karwendel
Der Trend von naturverbundenen Sportarten ist unaufhaltsam. Die Zahlen der Sportler*innen, ob beim Wandern, Mountainbiken oder Klettern, steigen. Dieses verstärkte Aufkommen der Besucher*innen belastet jedoch die Natur und Umwelt. Um im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung sicherzustellen, dass ökologische und kulturelle Ressourcen für kommende Generationen erhalten bleiben, sind Lenkungsmaßnahmen der Besucher*innenströme essenziell. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich im Speziellen mit dem Spannungsfeld zwischen Felsklettern und Naturschutz anhand der Fallstudie des Naturparks Karwendel.
Relevanz & Zielsetzung
Die bestehende Literatur zu dem Thema Klettern und Naturschutz behandelt hauptsächlich ökologische Konflikte und den generellen Gegensatz zwischen Bergsport und Naturschutz. Auch bestehende Kletterkonzepte werden kritisiert. Zudem werden betroffene Interessensgruppen unzureichend analysiert. Für die Erarbeitung erfolgreicher und ganzheitlicher Lenkungsstrategien spielen diese allerdings eine zentrale Rolle. Sie haben großen Einfluss auf das Maß der Auswirkungen. Ziel der Arbeit ist das Erforschen des Spannungsfeldes zwischen Klettern und Naturschutz sowie die Entwicklung eines Ansatzes für nachhaltige Besucher*innenlenkungsstrategien zur Minimierung auftretender Konflikte. Eine allgemeine Übertragbarkeit auf Naturparke und Dergleichen wird angestrebt.
Methodik
Zur Beantwortung der Forschungsfragen wurde ein Mixed-Methods-Ansatz angewendet. Dieser kombiniert qualitative und quantitative Methoden der Datenerhebung. Die qualitative Teilstudie bilden leitfragengestützte Interviews mit Expert*innen aus dem Gebiet des Karwendels und zwei weiteren Naturparken. Die quantitative Teilstudie baut auf die Ergebnisse der qualitativen Datenerhebung auf und wird durch einen Online-Fragebogen mit der Zielgruppe Kletter*innen gebildet.
Ergebnisse
Die Ergebnisse zeigen deutlich, dass der Hauptauslöser für auftretende Konflikte zwischen Kletter*innen und Naturschutz die steigenden Zahlen der Kletter*innen ist. Konflikte entstehen meist erst mit zunehmendem Andrang auf Klettergärten und verschärfen diese. Auch der Wandel des Kletterns an sich, von einer naturverbundenen Nischensportart hin zu einem leistungsorientierten Trendsport unterstützt diese Entwicklung. Dadurch geht oftmals das Naturbewusstsein verloren, was zu negativem Verhalten der Kletter*innen führen kann.
Die Auswirkungen des Kletterns sind komplex und involvieren viele verschiedene Akteure und Akteurinnen. Es bestehen enge Verbindungen und Wechselwirkungen zwischen den Bereichen Naturschutz (Jagd, Naturparke, Alpine Vereine), Tourismus (Tourismusverbände, Online-Plattformen, Kletter*innen) und sonstigen Betroffenen (Gemeinde, Grundeigentümer*innen). Laut Angaben der Expert*innen werden Auswirkungen besonders in Bereichen wie Parken, Zustieg, Müll und Toilettensituation deutlich und bilden die Grundlage für Konflikte. Der Grund des Fehlverhaltens von Kletter*innen wird oftmals mit einem Mangel an Informationen und Aufklärung begründet. Die Sensibilisierung der Kletter*innen kann mit Hilfe von gezielten Informationen und Kampagnen gefördert werden. Allerdings fehlen oftmals naturwissenschaftliche Untersuchungen für die betroffenen Gebiete.
Auf Basis der Expert*inneninterviews wurden Lenkungsstrategien formuliert und durch die Online-Umfrage mit Kletternden auf ihre Anwendbarkeit überprüft. Folgende Strategien zur Minimierung der Konflikte lassen sich empfehlen:
Sensibilisierung: Die Ergebnisse der Umfrage zeigen, dass im Bereich der Aufklärung Handlungsbedarf besteht. Online-Plattformen und Kletterführer bilden, laut Angaben der Befragten, die Hauptinformationsquelle der Kletternden und eignen sich daher besonders für die Verbreitung von relevanten Inhalten.
Öffentliche Verkehrsmittel: Das Parken und die Anreise tragen stark zur Konfliktbildung bei. Laut Angaben der Kletternden wird überwiegend das Auto für die Anreise genutzt. Hier besteht Potential, die Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu fördern. Die Ergebnisse der Umfrage zeigen eine Bereitschaft unter den Kletternden, solche Angebote in Erwägung zu ziehen.
Gebührenpflichtige Parkplätze: Zur Instandhaltung und Bereitstellung notwendiger Infrastruktur fallen gewissen Kosten an. Die Einführung von Parkplatzgebühren stellt eine Finanzierungsmöglichkeit dar. Ergebnisse der Online-Umfrage zeigen eine generelle Bereitschaft auf Seiten der Kletternden, einen gewissen Betrag zu leisten. Allerdings nimmt diese bei einem Betrag von über 5 Euro pro Fahrzeug deutlich ab und sollte somit beachtet werden.
Fazit
Generell ist es wichtig, alle betroffenen Interessensgruppen in die Entwicklung von Lenkungsmaßnahmen zu involvieren. Die bestehenden Spannungsfelder sind größtenteils nicht ortsabhängig, sondern Folge einer starken Frequentierung. Daher besteht großes Potential, Lenkungsmaßnahmen auf andere Naturparke oder entsprechende Gebiete zu übertragen. Im Hinblick auf die zukünftige Entwicklung wird die Bedeutung von Lenkungsmaßnahmen im Bereich Klettern steigen, um dies in Anbetracht mit den steigenden Zahlen an aktiven Kletter*innen langfristig und nachhaltig zu ermöglichen. Eine ganzheitliche Betrachtung von sozialen, ökologischen sowie wirtschaftlichen Faktoren bildet hierfür die Grundlage. Dies lässt sich auch auf diverse Berg- oder Natursportarten übertragen.
Download
Die Masterarbeit "Das Spannungsfeld Felsklettern und Naturschutz – Ein Ansatz zur Entwicklung nachhaltiger Besucherlenkungsstrategien am Beispiel Naturpark Karwendel" (2022) von Sophia Beck wurde an der Karl-Franzens-Universität Graz verfasst und kann hier heruntergeladen werden (PDF-Download: 2,2 MB).