Besucher*innenlenkung und -sensibilisierung im Klimawandel
Naturpark Nagelfluhkettevon Rolf Eberhardt und Carola Bauer
Projektbeschreibung
Ausgangslage:
Urlaub und Freizeitaktivitäten konzentrieren sich seit geraumer Zeit stärker auf Wandern, Radfahren (Trend: E-Bike), Schneeschuhgehen bzw. Skitouren, Mehrtagestouren mit Biwakübernachtungen sowie auf Genuss orientierte Aktivitäten. Sehnsuchtsorte in der Natur werden intensiver gesucht und – auch als Folge sozialer Medien – gefunden. Die bessere Erreichbarkeit bisher abgelegener Räume (z. B. durch E-Bikes) führt zu einer raum-zeitlichen Ausdehnung von Freizeitaktivitäten. Der Klimawandel führt zu einer stärkeren Fokussierung auf einzelne Hot-Spots (z. B. führt die allgemeine Schneearmut zu Konzentrationen von Wintersportler*innen auf wenige leicht erreichbare Flächen mit Schneesicherheit). Dort entstehen z. T. gravierende Schäden am Naturraum und die Konflikte mit den Grundeigentümer*innen / Landbewirtschafter*innen nehmen zu. Zudem kann ein deutlicher Trend zu einer ganzjährigen Tourismus- und Freizeitnutzung festgestellt werden.
Herausforderungen:
Im Sinne einer integrierten Raumkonzeption müssen Vorrangzonen für Tourismus und Frei-zeit sowie für den Erhalt von Naturwerten ausgearbeitet bzw. im Sinne der Klimawandelfolgen angepasst werden. Insbesondere die Sehnsuchtsorte müssen besser, im Sinne der sozial-ökologischen Tragfähigkeit der vielfältigen Nutzungen, gemanagt werden. Lenkung muss dabei immer die Bedürfnisse der zu Lenkenden, der Natur sowie der Grundeigentümer*innen / Landbewirtschafter*innen berücksichtigen.
Maßnahmen:
Da sich im Zuge eines zu beobachtenden gesellschaftlichen Wandels sowie des Klimawandels die Anforderungen an die Besucher*innenlenkung aktuell in bisher nicht gekannter Geschwindigkeit ändern, war eine intensivere personelle Betreuung notwendig. Das Schutzgebietsmanagement im grenzüberschreitenden Naturpark wurde deshalb stärker darauf ausge-richtet und eigens zwei Ranger*innen neu eingestellt, die das Naturpark-Management in allen Planungs- und Umsetzungsschritten unterstützen.
Durchgeführt werden:
- Erfassung der aktuellen raum-zeitlichen Besucher*innenverteilung als Grundlage für die Anpassung von Lenkungsmaßnahmen und zur Fortschreibung der bestehenden Raumkonzeption.
- Aufstellen und Überwachen von Lenkungstafeln mit Routenverläufen und Schutzinformationen. Hierbei wurde eine Synthese aus den bestehenden Initiativen „Dein Freiraum. Mein Lebensraum“ und „RespekTiere deine Grenzen“ hergestellt.
- Definition von Detailmaßnahmen in sogenannten Hot-Spots (z. B. Erstellen von Absper-rungen zum Schutz gefährdeter Arten).
- Überwachung von Tourentipps in sozialen Medien bzw. Tourenportalen (z. B. Outdooractive, Komoot).
- Durchführung von Workshops in halbjährlichem Turnus mit allen relevanten Gruppen, um neue Trends zu erkennen und Maßnahmen abzustimmen.
- Integration der Erkenntnisse zur Besucher*innenlenkung in die Bildungsarbeit, z. B. in die Aktionen in den Naturpark-Schulen oder bei der alljährlichen Junior Ranger*innen Ausbildung.
Mit der Durchführung des Projektes wurde im Februar 2020 begonnen. Die erste Projektphase endet im Dezember 2021. Es ist vorgesehen, die geschaffenen Strukturen dauerhaft zu erhalten bzw. sie auszubauen.
Die Maßnahme ist Teil eines LE14-20 - Projekts zum Naturpark-Management.
Resümee
Gesellschaftlicher Wandel und Klimawandel führen zu einer Erhöhung des Besucher*innendrucks im Allgemeinen und an den stark beworbenen Sehnsuchtsorten (Hot-Spots) im Besonderen. Um Konflikte zu reduzieren und ein professionelles Chance-Management zu gewährleisten, ist eine umfassende Prozessbegleitung notwendig. Dass das gesamte Naturpark-Team und insbesondere die Ranger*innen dies durch engen Kontakt mit allen relevanten Gruppen leisten können, hat sich bereits nach kurzer Zeit gezeigt. Die Akzeptanz der Maßnahmen ist in allen Gruppen sehr hoch und es wird vielfach eine weitere Intensivierung gefordert.
Grundsätzlich kritisch ist in dem Zusammenhang die Projektfinanzierung zu sehen: Ein zentraler Erfolgsfaktor ist der Aufbau eines belastbaren Netzwerks in der Region. Hierzu ist Kontinuität und somit perspektivisch eine Unabhängigkeit von Förderprojekten erforderlich.
Ausblick
Die Besucher*innenlenkungsmaßnahmen sollen dauerhaft fortgeführt, auf sich ändernde Rahmenbedingungen angepasst und zumindest punktuell intensiviert werden.
Service-Angaben
Naturpark Nagelfluhkette • Rolf Eberhardt und Carola Bauer
Platz 370 • 6952 Hittisau
E-Mail: info@naturpark-nagelfluhkette.eu
Web: www.nagelfluhkette.info
Besucher*innenlenkung und -sensibilisierung im Klimawandel (PDF-Download: 0,3 MB)
Stand: Oktober 2020
Dieser Artikel entstand im Rahmen des Projektes "Klimaschutz in Naturparken" und wurde von Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie gefördert.