Hochlagenobst
im Naturpark Ötscher-Tormäuervon Veronika Grießl, DI Florian Schublach
Projektbeschreibung
Seit der Besiedelung des Ötschergebiets haben sich nicht nur die Menschen an die Höhenlage und das raue Klima angepasst, sondern auch die Obstbäume. Die Vielfalt an Arten und das Wissen um die besonderen Eigenschaften einzelner Obstsorten haben den Bewohner*innen des Gebiets das Überleben gesichert. Wobei der Obstanbau in erster Linie der Selbstversorgung diente. In den vergangenen Jahrzehnten hat die Verwendung des eigenen Obstes und die Pflege der Bäume immer mehr an Bedeutung verloren und somit ist auch der Wert der Bäume selbst gesunken. Der Erhalt der alten Sorten und teilweise Raritäten ist nicht nur aus Gesichtspunkten der Artenvielfalt wichtig, die Bäume sind auch Kulturgüter, die Geschichten erzählen. Aus diesen Gründen wurde das Projekt „Hochlagenobst“ ins Leben gerufen.
Grundsätzlich umfasst das Projekt die Erfassung der alten Obstsorten im Ötschergebiet und deren Erhaltung. Im weiteren Verlauf wird das Ziel angestrebt das Thema Hochlagenobst im Naturpark Ötscher-Tormäuer in Kooperation mit einer wissenschaftlichen Organisation zu behandeln und somit eine fundierte Grundlage für die Weiterführung des Themas im Naturpark zu bilden. Als weiteres Ziel des Projektes sollen Kenntnisse über die Eigenschaften und Vorzüge der alten Obstsorten, z.B. eine bessere Verträglichkeit bei Intoleranz oder Wiederstandfähigkeit bei extremen Witterungsverhältnissen gewonnen werden.
Für die Umsetzung des Projektes wurden eine Erhebung der Standorte sowie eine Sortenbestimmung durchgeführt. Durch den Anbau von angepassten Sorten kann der Obstbau auch für eher klein-strukturierte Bauernhöfe einen wirtschaftlichen Nutzen darstellen.
Folglich wurden, unter wissenschaftlicher Begleitung, Edelreiser von gewünschten Mutterbäumen genommen und auf Unterlagen veredelt. Ein Exemplar davon erhält wieder der Baumbesitzer um seinen Bestand zu verjüngen – somit wird wiederum die Bevölkerung in das Projekt mit eingebunden – ein Exemplar bleibt im Sortenerhaltungsgarten der Ötscher-Basis, dessen Aufbau ein wichtiger Teil des Projektes ist. Der dritte Baum dient als Reserve.
Bereits seit drei Jahren werden außerdem Schnitt- und Veredelungskurse sowie diverse Seminare zum Thema „Obstbau in höheren Lagen“ angeboten. Jährlich findet ein Aktionstag Hochlagenobst statt, welcher als Netzwerk- und Informationsveranstaltung mit Fachvorträgen dient. Ebenso werden an diesem Tag in Zusammenarbeit mit der „Moststraße“ alte Obstorten aus dem Naturpark und den umliegenden Regionen bestimmt und des Weiteren können Obstbaum-Interessierte sowie Landwirt*innen aus einer gewählten Liste des Naturparks und der Moststraße wählen und für höhere Lagen geeignete Obstbäume bestellen – somit wird der Obstbaumbestand verjüngt.
Um das Thema auch in die Naturpark-Schulen zu bringen wurden in jedem Schulgarten, mit Hilfe eines Obstbaumwärters und einer Naturvermittlerin, Bäume von den Schüler*innen gepflanzt.
Auf den Flächen um die Ötscher-Basis wurden bisher 30 Bäume (Äpfel, Birnen, Zwetschken, Kriecherl) angepflanzt und auch weitere Pflanzungen sind geplant. Diese Flächen sollen den Besucher*innen die ökologische Funktion und den Wert einer Streuobstwiese vermitteln.
Des Weiteren wurde ihm Rahmen des Projektes ein Gemeinschaftsobstpressen an zwei Standorten im Naturpark organisiert, woran sich auch die Naturpark-Schulen beteiligten. Aufgrund der regen Beteiligung der umliegenden Bewohner*innen konnten rund 18.000 Kilogramm Obst zu über 10.000 Liter Saft verarbeitet werden.
Dauer – Zeitraum: Das Projekt und die wissenschaftliche Begleitung durch Expert*innen der BOKU laufen bis zum Herbst 2019. Generell ist das Projekt „Hochlagenobst“ des Naturparks Ötscher-Tormäuer im Rahmen des Bildungsauftrages der Naturparke weitaus langfristiger vorgesehen.
Eingebundene Personen: Das Projekt wird in enger Zusammenarbeit mit der Bevölkerung, vor allem mit Bäuer*innen sowie Besitzer*innen von Streuobstwiesen, verwirklicht. Ein Naturparkmitarbeiter, welcher auch Obstbaumwärter ist, dient als Leiter des Projektes. Auch weitere Naturparkmitarbeiter*innen wurden in die Organisation und Durchführung der einzelnen Veranstaltungen eingebunden. Sowohl die fünf Naturparkgemeinden als auch die vier Naturpark-Schulen beteiligten sich in unterschiedlichem Ausmaß.
Die wissenschaftliche Leitung obliegt der Universität für Bodenkultur, im Konkreten Herrn Prof. DI Dr. Andreas Spornberger. Die Sortenbestimmungen wurden von den Expertinnen DI Gerlinde Handlechner und DI Dr. Martina Schmidthaler durchgeführt.
Ebenfalls unterstützt das Projekt die Kooperation über Gemeinde und Bezirksgrenzen hinweg (5 Naturparkgemeinden, 2 Bezirke), wodurch auch zwei LEADER Regionen eingebunden sind (Mostviertel Mitte und Eisenstraße).
In diesem Sinne wird im Projekt auch sektorenübergreifend gearbeitet. Sowohl die Landwirtschaft, also auch Naturschutz, Wissensvermittlung und Tourismus (Standort Ötscher-Basis) werden eingebunden.
Resümee
Vor allem die Zusammenarbeit mit der lokalen Bevölkerung (Landwirt*innen, Obstbauminteressierte,…) kann als besonders gelungen hervorgehoben werden. Sowohl die regelmäßig stattfindenden Schnitt- und Veredelungskurse als auch der Aktionstag Hochlagenobst wurden von der Bevölkerung positiv angenommen. Aufgrund der Möglichkeit, im Rahmen des Projektes für das rauere Klima angepasste Obstbäume zu erwerben, wurden bereits rund 350 geeignete Sorten bestellt.
Die überregionale Zusammenarbeit der verschiedensten Akteure und Institutionen war ebenfalls erfolgreich.
Ausblick
Durch das Projekt können wesentliche Elemente der Lebensgrundlage für kommende Generationen erhalten und entwickelt werden. Vor allem im Bereich der Subsistenzwirtschaft kann das Projekt einen wesentlichen Beitrag leisten. Der Sortengarten bleibt ein dauerhaftes Element der Wissensvermittlung im Naturpark. Bewusstseinsbildung zum Thema Hochlagenobst soll in Zukunft auch in die Naturvermittlungen und vor allem in die Naturpark-Schulen Einzug finden.
Die jährlich abgehaltenen Veredelungs- und Schnittkurse sowie der Aktionstag Hochlagenobst werden in Zukunft ein fixer Bestandteil des Naturparkprogrammes bleiben.
Literaturtipps
- Bernkopf, S., Keppel, H. & Novak, R. (2013): Neue Alte Obstsorten - Äpfel, Birnen und Steinobst. Club Niederösterreich, St. Pölten.
- Maurer, J., Kajtna, B., Heistinger, A. & Noah, A. (2016): Handbuch Bio-Obst Sortenvielfalt erhalten. Ertragreich ernten. Natürlich genießen. Löwenzahn Verlag, Innsbruck.
- Spornberger, A., Böck, C., Filipp, M. & Letzbor-Kalusch, S. (2016): Der professionelle Obstbaumschnitt. Leopold Stocker Verlag, Graz.
Service-Angaben
Naturpark Ötscher-Tormäuer GmbH • DI Florian Schublach
Langseitenrotte 140 • 3223 Wienerbruck • Tel.: +43 (0) 2728 / 21 100
E-Mail: info@naturpark-oetscher.at • Web: www.naturpark-oetscher.at
Kooperationspartner
- Universität für Bodenkultur: Prof. DI Dr. Andreas Spornberger
- Sortenbestimmung: DI Gerlinde Handlechner und DI Dr. Martina Schmidthaler
- LEADER Region Mostviertel Mitte: Petra Scholtze-Simmel
- LEADER Region Eisenstraße: Stefan Hackl
- Gockl.at: Hans Redl
- Naturpark-Schulen: Annaberg, Mitterbach, St.Anton an der Jeßnitz und Gaming
Hochlagenobst im Naturpark Ötscher-Tormäuer (PDF-Download: 0,3 MB)
Stand: Dezember 2018