Strategie der Naturparke
Zusammenschluss als Perspektive
Die Österreichischen Naturparke haben ihre Chancen erkannt und wollen diese durch eine verstärkte Kooperation in einem gemeinsamen Dachverband nutzen. Daher haben sich im Herbst 1995 die bestehenden Naturparke im Verband der Naturparke Österreichs (VNÖ) zusammengeschlossen. Ziel des Verbandes ist eine qualitative Weiterentwicklung der Naturparke und die Durchführung gemeinsamer Marketingprojekte.
Präsident ist Johann Thauerböck, für die konsequente Umsetzung der Zielsetzungen des Verbandes und professionelles Management sorgt die Geschäftsführerin, Julia Friedlmayer.
In einem Arbeitsteam, bestehend aus Vertreter*innen der Naturparke und Fachreferent*innen der Naturpark-Bundesländer, werden gemeinsame Projekte entwickelt und deren Umsetzung ermöglicht. Der Verband finanziert seine Vorhaben aus einem Finanzierungsmix aus Mitgliedsbeiträgen, Projektförderungen und Sponsoring.
In der anlässlich seines 20-jährigen Bestehens veröffentlichten Festschrift werden die Geschichte des VNÖ und wichtige Meilensteine sowie Wegbegleiter*innen kurz und übersichtlich dargestellt. Die Broschüre kann im Büro des VNÖ kostenlos bestellt werden.
Merkmale Österreichischer Naturparke
Naturparke sind geschützte Landschaften, die vom Menschen durch schonende Landnutzung und Landschaftspflege erhalten werden. Diese beispielgebenden Kulturlandschaften sind durch Verordnung der Landesregierungen mit dem Prädikat "Naturpark" ausgezeichnet. Das Prädikat würdigt sowohl die Landschaften als auch die Menschen, die diese Werte erhalten. Oft sind Naturparke auch Vertreter charakteristischer österreichischer Landschaftstypen.
Die Österreichischen Naturparke sind durch folgende gemeinsame Charakteristika gekennzeichnet:
- Zustimmung aller betroffenen Gemeinden; nur dann wird das Prädikat "Naturpark" verliehen
- Weitgehend freie Zugänglichkeit – Naturparke stehen allen offen
- Geschützte Gebiete: zumindest unter Landschaftsschutz, zum Teil unter Naturschutz
- Besondere naturräumliche Ausstattung: große Artenvielfalt und Formenreichtum
- Freiwillige Mitarbeit: Einzelpersonen, Initiativen, Vereine engagieren sich ehrenamtlich
- Je nach Entstehungsgeschichte unterscheiden sich die österreichischen Naturparke hinsichtlich ihrer Größe – diese reicht von 20 bis 70.000 Hektar – und ihrer personellen und finanziellen Ressourcen
Derzeit gibt es in Österreich 47 Naturparke:
- 19 in Niederösterreich
- 7 in der Steiermark
- 6 im Burgenland
- 4 in Oberösterreich
- 3 in Salzburg
- 5 in Tirol
- 2 in Kärnten
- 1 in Vorarlberg
Modellregionen für nachhaltige Entwicklung
Um die Position der Österreichischen Naturparke im Rahmen der Naturschutzgesetzgebung und auch in Abgrenzung zu den unterschiedlichen Schutzgebietskategorien zu bestimmen, erarbeitete eine Koordinationsgruppe, bestehend aus Vertretern der Naturparke und der Naturschutzabteilungen der betroffenen Bundesländer ein Strategiepapier, das vom Vorstand des Verbandes der Naturparke Österreichs einstimmig genehmigt wurde.
Dieses Strategiepapier sieht vor, dass die Österreichischen Naturparke vier Funktionen zu erfüllen haben – Schutz, Erholung, Bildung und Regionalentwicklung. Ein Naturpark soll demnach auch als Instrument einer integrierten nachhaltigen Regionalentwicklung dienen und Entwicklungsimpulse, z.B. durch Kooperationen mit der Landwirtschaft oder dem Tourismus, schaffen.
Die Herausforderung – und gleichzeitig wichtig im Sinne von Unterscheidung zu anderen Regionen – ist, diese Funktionen gleichrangig miteinander zu entwickeln. Gelingt dies und werden die Zielsetzungen der nachfolgend beschriebenen Funktionen mit den skizzierten Inhalten in den Naturparken umgesetzt, können die Naturparke in Zukunft zu Recht als Modellregionen für eine nachhaltige Entwicklung bezeichnet werden. Die anschließend abgebildete, strukturierte Darstellung "Strategiepapier der Österreichischen Naturparke" gibt einen Überblick über die einzelnen Funktionen mit ihren Zielsetzungen sowie Beispiele, wie diese Ziele umgesetzt werden können.
Strategiepapier der Österreichischen Naturparke (PDF-Download: 0,1 MB)
Naturparke und Nachhaltigkeit
Die Naturparke versuchen das Zielkonzept "Nachhaltige Entwicklung", das die Konferenz der Vereinten Nationen 1992 in Rio de Janeiro in der Agenda 21 formulierte, umzusetzen, und auf dieser Basis für Naturparkregionen eine ökonomische, ökologische und soziokulturelle Zukunftsperspektive zu bieten. Wichtig dabei ist, dass alle Bereiche angemessen berücksichtigt werden, um tatsächlich eine nachhaltige Lösung herbeizuführen. D.h. aber auch, dass es für den Naturschutz in Naturparken notwendig ist, mit anderen Bereichen wie Tourismus, Landwirtschaft, Verkehr und Raumplanung das Gespräch zu suchen, und im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung zusammenzuarbeiten.
Nachhaltige Entwicklung bedeutet, zukünftigen Generationen zumindest diese Lebensqualität zu ermöglichen, die wir heute genießen. Damit rückt Vorsorge und langfristiges Denken in den Mittelpunkt. Natürlich bedeutet dies in Naturparkregionen auch Arten- und Lebensraumschutz sowie die Sicherung und Entwicklung der historisch gewachsenen Kulturlandschaft.
Das Konzept der "Nachhaltigen Entwicklung" ist für die Naturparke der Ansatzpunkt bzw. Rahmen, wie der Naturschutz in diesen Regionen aussehen soll, d.h. welche Ziele er verfolgen, welche Instrumente er anwenden soll und welche Partner dazu notwendig sind. Der Naturschutz in Naturparken orientiert sich damit an vernetzten, langfristigen Leitbildern. Vorreiter bei der nachhaltigen Entwicklung zu sein heißt aber auch, einen Dialog mit den Flächennutzern*innen zu führen und mit ihnen Beiträge zur nachhaltigen Entwicklung zu diskutieren; einen besonderen Stellenwert in den Naturpark-Kulturlandschaften nimmt dabei sicherlich die Landwirtschaft ein.
Naturschutz in Naturparken lebt von der Einbindung der Bevölkerung und seiner Realisierbarkeit. Der hoheitliche Schutz in diesen Regionen – zumeist in Form von Landschaftsschutzgebieten – reicht nicht aus, um die oben genannten Ziele zu erreichen. Daher können bestimmte Ziele nur im Dialog mit Partnern nach dem Prinzip der Freiwilligkeit gefunden und verwirklicht werden. Basis dazu ist eine zielgruppenspezifische permanente Informations- und Öffentlichkeitsarbeit sowie Teamfähigkeit und eine entsprechende Dialogkultur. In einigen Naturparken wird diese Kooperation schon sehr gut gelebt und das Naturparkmanagement ist Drehscheibe für viele wichtige Bausteine zur Umsetzung von nachhaltigen Entwicklungsprozessen.
Aufgrund der Rahmenbedingungen in den Naturparken wird es in Zukunft umso wichtiger sein, die enge Zusammenarbeit der verschiedenen Akteure, sei es im haupt- oder ehrenamtlichen Bereich, zu fördern und zu unterstützen, um die angestrebte Zielsetzung einer nachhaltigen Entwicklung für die entsprechende Region zu erreichen. Dies bedeutet auch ein Naturschutzdenken, das sich weniger in Ge- und Verboten ausdrückt, sondern ein Denken, das mehr motiviert, initiiert, verbindet und unterstützt.
Naturparke und Biodiversität
Ein zentrales Anliegen der Österreichischen Naturparke ist der Schutz von charakteristischen Kulturlandschaften. Diese Landschaften zeichnen sich durch naturnahe Lebensräume und sehr abwechslungsreiche unterschiedliche Strukturen (Wiesen, Felder, Hecken, Böschungen, Raine, Feldholzinseln, Feuchtgebiete, Baumgruppen usw.) und somit durch eine hohe Biodiversität aus. Für die Menschen haben diese unterschiedlichen Lebensräume in vielerlei Hinsicht eine große Bedeutung. Durch das Zusammenspiel der in ihnen lebenden Pflanzen und Tiere werden zahlreiche Funktionen erfüllt, die der Mensch auch nutzt: Sie bieten Nahrung und Rohstoffe, tragen zur Erholung bei, stiften Identität, regulieren das Klima usw. Die Herausforderung besteht darin, den Wert dieser Biodiversität den Bewohner*innen und Besucher*innen auch bewusst zu machen und dadurch nachhaltig zu sichern.
Im Jahr 2014 wurden in einem mehrstufigen Prozess unter aktiver Einbindung von Stakeholdern auf Naturpark-, Länder- und Bundesebene Vorarbeiten für die Beteiligung der Österreichischen Naturparke an der Umsetzung der „Biodiversitäts-Strategie Österreich 2020+“ geleistet.
Zusammenfassend kann gesagt werden:
Auf vielen Ebenen gibt es die Bereitschaft, aktiv zur Umsetzung der Biodiversitätsstrategie beizutragen
Die Stärken der Naturparke (wie z.B. die breite Verankerung in der Region) sind eine tragfähige Basis für erfolgreiche Biodiversitätsaktivitäten. Im Einzelnen sind dies:
- über 200 Naturpark-Gemeinden als "Träger"
- Ca. 300 Naturpark-Führer*innen (Kompetenz: Naturvermittlung)
- zertifizierte Naturpark-Schulen
- zertifizierte Naturpark-Kindergärten
- Tourismus-Partnerbetriebe
- Landwirtschaftliche Partnerbetriebe, "Naturpark-Spezialitäten"
- Vor-Ort-Managements und ein österreichweit arbeitsfähiges Netzwerk
Dies bietet die Chance, den Biodiversitätsgedanken in vielen Bereichen und durch viele Akteur*innen umzusetzen. Als wichtige Ansatzpunkte dabei werden österreichweite Naturparkprojekte gesehen. Beispielhaft genannt seien die Projekte "Österreichische Naturpark-Spezialitäten" (diese werden durch traditionelle Formen der Landnutzung hergestellt, die häufig mit dem Erhalt der biologischen Vielfalt verbunden sind, man denke an Streuobst oder die Erhaltung der Almen), "Naturpark-Schulen" und "Naturpark-Kindergärten" (Stärkung des Bewusstseins für und Identifikation mit dem jeweiligen Naturpark) sowie die Ausbildung "Natur- und Landschaftsvermittlung", aus der zahlreiche wichtige Multiplikatoren hervorgehen.
Im Rahmen von Workshops in allen Naturpark-Bundesländern wurden die Ziele der „Biodiversitäts-Strategie Österreich 2020+“ mit den Stärken der Naturparke verschnitten. Die folgende Grafik zeigt jene Bereiche mit den höchsten Potenzialen für eine effektive Umsetzung von Biodiversitätsmaßnahmen in Naturparken:
Die mit einer durchgezogenen Line umrandeten Ziele werden in allen acht Bundesländern als besonders relevant im eigenen Wirkungsbereich gesehen; die strichliert hervorgehobenen Ziele werden von einzelnen Naturpark-Bundesländern als bedeutend bezeichnet.
Die geplanten Maßnahmen sind inhaltlich mit den Naturpark-Bundesländern abgestimmt und gliedern sich in sechs Themenfelder:
- Naturpark-Schulen und Naturpark-Kindergärten
- Naturpark-Spezialitäten
- Kulturlandschafts-Schwerpunktthemen, z.B. Streuobst, Hecken, Almen, Wiesen, Wasser-Lebensräume
- Kommunikation von Biodiversität
- Freiwilligenarbeit
- Spezialthemen: Beschäftigungsprojekte, Natur- und Landschaftsführungen, Naturpark-Partnerbetriebe