Das Team Karwendel
Voller Einsatz für die Natur im größten Naturpark Österreichsvon Mag. Hermann Sonntag und Marina Hausberger
Grundgedanken
Die Österreichischen Naturparke erfüllen eine breite Palette an Aufgaben in ihren thematischen Schwerpunkten Naturschutz, Erholung, Bildung und Regionalentwicklung. Im Naturschutzbereich werden österreichweit zahlreiche Projekte zum Erhalt der Biodiversität umgesetzt, die oftmals folgende Gemeinsamkeiten aufweisen, wie anhand eines Moorprojektes konkret dargestellt werden soll:
Moore und Feuchtgebiete wurden über viele Jahrzehnte entwässert und damit haben sich Vegetation und Lebensgemeinschaften verändert. Heute versucht man mithilfe von Renaturierungen die Situation der Moore wieder zu verbessern, um damit Arten wie dem Sonnentau ein Überleben zu gewähren. Die Projekte werden meist vom Naturparkmanagement mithilfe von Landwirt*innen, Förster*innen und Professionist*innen umgesetzt. Im Idealfall findet eine begleitende Erfolgskontrolle statt. Eine Einbindung von Menschen, die das Gebiet in ihrer Freizeit (thematische Säule: Erholung & Tourismus) nutzen, stellt die Ausnahme dar.
Beim Team Karwendel spielt die aktive Einbindung von Bergliebhaber*innen eine zentrale Rolle. Es wird damit auch eine gewisse Durchgängigkeit zwischen den thematischen Säulen Naturschutz, Erholung & Tourismusgeschaffen. Dies ist nicht unsere Erfindung. Der Alpenverein setzt im Rahmen der Umweltbaustellen und Bergwaldprojekte ja bereits seit Jahren solche Freiwilligenprojekte um, die sich vor allem an Jugendliche und „Junggebliebene“ richten. Auch im Naturpark Karwendel finden immer wieder gemeinsame Projekte mit dem ÖAV statt.
Wir wollten mit dem Team Karwendel eine neue Plattform schaffen, die es auch Menschen, die voll im Berufsleben stehen, ermöglicht, sich ehrenamtlich für die Natur zu engagieren.
Was ist das Team Karwendel?
Kurz formuliert kann das Team Karwendel folgendermaßen charakterisiert werden:
- Ehrenamtliches Engagement
- Naturschutz auf der Fläche
- Etwas bewegen
- Leidenschaft für das Karwendel
Zielsetzung
Wir leisten durch zahlreiche Biotoppflegemaßnahmen einen wesentlichen Beitrag zu den Naturschutzzielen im Naturpark Karwendel. Dabei ist uns ein wissensbasierendes Agieren anstelle von blindem Aktionismus besonders wichtig. So gibt es für die verschiedenen Pflegeeinsätze auch klare Zielarten, wie beispielsweise den Pannonische Enzian oder das Birkhuhn. Zum Teil sind auch begleitende Untersuchungen der Universität Innsbruck in Umsetzung.
Wichtige positive Nebeneffekte
Abseits der harten Fakten von gemähten Wiesen und weniger Müll gibt es auch zahlreiche positive Nebeneffekte durch das gemeinsame Arbeiten:
- Vom Mitreden zum Mitarbeiten! Die Teilnehmer*innen fungieren als Multiplikator*innen für das Schutzgebiet im Speziellen und für Naturschutz im Allgemeinen.
- Positives Zusammentreffen der Kulturen und Lebensentwürfe: Städter trifft „Ureinwohner“. Es kommt zu einem unverkrampften Austausch zwischen den traditionellen Nutzergruppen aus der Land- und Forstwirtschaft und den FreizeitnutzerInnen.
- Die Akzeptanz seitens der traditionellen Nutzergruppen gegenüber dem Naturpark erfährt nach einer Team Karwendel-Aktion meist einen positiven Aufschwung.
Daraus entsteht eine positive Wirkung für die Akzeptanz des Schutzgebiets.
Welche Art von Tätigkeiten ist für solche Freiwilligeneinsätze geeignet?
Inzwischen blicken wir auf fünf Jahre Team Karwendel zurück, in denen wir zahlreiche Aktivitäten umgesetzt haben, die sich mehr oder weniger gut geeignet haben. Sehr gut funktionieren all jene Tätigkeiten,
- die für die TeilnehmerInnen möglichst gefahrlos sind,
- bei denen einfache, körperlich durchaus anstrengende Aktivitäten im Mittelpunkt stehen,
- bei denen am Ende des Tages der gemeinsame Erfolg der Arbeit sichtbar wird.
Bewährte und mehrfach erprobte Aktionen sind:
- Almpflege (wie Latschen schwenden oder Ampfer stechen)
- Aufforstungen
- Biotoppflege
- Erhalt und Wiederherstellung alter Kulturlandschaftselemente
- Müllaktionen
- Neophyten entfernen
- Steigbau zur Besucherlenkung
- Teich-Renaturierung
Was ist dabei wichtig:
Vor dem Start der Aktion sollte eine kurze Einleitung gemacht werden:
- Warum wird was gemacht – Zielsetzungen der Maßnahmen erklären: „Warum macht das Sinn, was ich tue??“
- Wichtig ist, dass genügend Arbeit für den ganzen Aktionstag vorhanden ist.
- Die Projekte sollten regional gut verteilt sein, damit für jede*n Freiwillige*n Projekte dabei sind, die vom jeweiligen Heimatort gut erreichbar sind.
- Sehr anschaulich sind, „Vorher/Nachher-Fotodokumentationen“. Diese sind wichtige Dokumente für den Naturpark und für die Freiwilligen.
Weniger gut funktioniert haben die Aktivitäten Besucherzählungen und Artenmonitoring, weil hier zu wenig gemeinsames Tun spürbar wird bzw. zu viele Vorkenntnisse notwendig waren.
Freiwillige des Teams Karwendel
Insgesamt schaffen wir mit dem Team Karwendel pro Saison ca. 10 bis 13 Aktionen mit 100 bis 200 Teilnehmer*innen, die 2.000 bis 3.000 Arbeitsstunden leisten. Mittlerweile haben wir einen „Freiwilligen-Stammpool“ von etwa 20 Personen. Diese Freiwilligen arbeiten teilweise schon über mehrere Jahre hinweg bei den verschiedensten Aktionen mit.
Nach Ende der Freiwilligen-Saison werden die „Top 3-Karwendler“ermittelt. Das sind jene drei Freiwilligen, die am öftesten bei Aktionen der jeweiligen Saison mitgearbeitet haben. Als kleines Dankeschön für die Mitarbeit erhalten diese ein Geschenk.
Die nachfolgenden Abbildungen geben Auskunft über die Teilnahmehäufigkeit, Herkunftsorte und Altersverteilung der Team Karwendel-Teilnehmer*innen der Jahre 2012 bis 2015. Der Altersdurchschnitt der Freiwilligen beträgt 42,5 Jahre.
Was sind die Erfolgsfaktoren des Teams Karwendel?
- Das riesige Engagement der Helfer*innen
- Das lokale Wissen der regionalen Akteur*innen
- Die fachliche und organisatorische Kompetenz des Naturparks
Wichtige Partner
Bereits von Beginn an wurden wir von verschiedenen Partnern wie BIO vom BERG (Jause), Raiffeisen Club Tirol, Lagerhaus (Werkzeug, Material) finanziell und mit Sachleistungen unterstützt. Inzwischen haben sich weitere Partnerschaften mit dem Volunteer Team Tirol ergeben.
Kostenfaktoren
Neben den Personalkosten für die laufende Betreuung und die Organisation der Aktionen sind finanzielle Mittel für Werkzeug, (Verbrauchs-)Material, Werbematerial inkl. Homepageadaptierung, Unfallversicherung der Teilnehmer*innen, Miete für Lager etc. notwendig.
Finanzierung
Das Team Karwendel wird durch das Land Tirol und durch den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raumes gefördert.
Einbindung von Migrant*innen
Schon vor der großen Flüchtlingswelle im Sommer 2015 wurden Migrant*innen in die Freiwilligenaktionen des Teams Karwendel eingebunden. Jedoch erreicht diese Einbindung in der Saison 2016 eine neue Dimension. Nach Anfragen von einigen wenigen Migrant*innen in den letzten Jahren, kooperieren wir mittlerweile mit acht verschiedenen Einrichtungen aus der näheren Umgebung. Teilweise wird gleich zu Beginn der Saison ein gewisses Platzkontingent einer Freiwilligenaktion für Migrant*innen freigehalten. Zudem kann das Kontingent einer Aktion, für die sich nicht genügend Freiwillige angemeldet haben, durch die Zusammenarbeit mit den Migrant*innen ausgeglichen werden. Die Arbeit mit Migrant*innen fordert generell die gleichen Rahmenbedingungen wie die Arbeit mit Einheimischen (Versicherung etc.).
Die Rückmeldungen von Einheimischen und Migrant*innen nach unseren Freiwilligenaktionen sind durchwegs positiv. Viele sehen die Zusammenarbeit als eine Bereicherung und eine Chance, den kulturellen Austausch zu fördern. Seitens der Migrant*innen bieten Freiwilligenaktionen zudem die Möglichkeit, Deutsch zu lernen und schließlich auch aktiv anzuwenden. Unsere Teilnahmebestätigungen stellen für Migrant*innen in einem laufenden Asylverfahren letztendlich einen wertvollen Beweis dar, dass diese bemüht sind, sich in Österreich zu integrieren.
Resümee
Das Team Karwendel hat sich inzwischen als wesentlicher Faktor unserer Naturschutzarbeit etabliert und erfreut sich sowohl innerhalb unseres Vereins als auch bei den regionalen Akteur*innen großer Beliebtheit. Auch unsere eigenen Mitarbeiter*innen sind mit großem Einsatz bei den Aktionen dabei. Inzwischen können wir auch sichtbare Erfolge „auf der Fläche“ vorweisen, was wiederum zur Weiterentwicklung der Plattform motiviert. Das Team Karwendel erhielt den renommierten Österreichischen Kulturlandschaftspreis 2013 in der Kategorie Projekte und wurde als ein EU-Vorzeigeprojekt in einem Kurzfilm gewürdigt.
Eine Team Karwendel Aktion im Schnelldurchlauf
- Anmeldung: Interessierte melden sich über die Homepage (www.karwendel.org/team) für eine oder mehrere der angeführten Freiwilligenaktionen an. Nach Angabe der persönlichen Daten wird ein automatisches E-Mail an den*die Angemeldete*n gesendet. In diesem E-Mail werdender Name der Aktion, das Durchführungsdatum und die Info, dass zwei Wochen vor der Aktion die genauen Daten ausgesendet werden, bekanntgegeben.
- Infomail: Zwei Wochen vor der Aktion wird an alle angemeldeten Teilnehmer*innen ein Infomail verschickt, indem alle genauen Daten wie Treffpunkt, Uhrzeit, „Mitzubringendes“ etc. aufgeführt sind. Weiters erhalten alle die TeilnehmerInnenliste, damit Fahrgemeinschaften gebildet werden können.
- Verpflegung: Eine Woche vor der jeweiligen Aktion wird die genaue Teilnehmer*innenzahl an unsere Lebensmittelsponsoren gesendet. Am Tag vor der Aktion werden die Lebensmittel abgeholt und gelagert.
- Versicherung: Die Teilnehmer*nnenliste für die jeweilige Aktion wird an unsere Versicherung gesendet. Somit ist jeder/jede Teilnehmer*in bei der Aktion unfallversichert.
- Werkzeugliste: Einen Tag vor der Aktion wird die Werkzeugliste für die jeweilige Aktion ausgedruckt. Mithilfe der Werkzeugliste wird das nötige Material aus dem Werkzeuglager geholt und in den Autoanhänger gepackt.
- Teilnahmebestätigungen: Die Teilnahmebestätigungen für alle Freiwilligen werden vorbereitet.
- Infomaterial: Einen Tag vor der Aktion werden die Team Karwendel Taschen (bedruckte Jutebeutel) befüllt. Jede*r Freiwillige erhält am Tag der Aktion einen dieser Beutel. Dieser beinhaltet: Infomaterial über den Naturpark, eine Sonnenkappe und einen Spork (Gabel und Löffel in Einem).
- TeilnehmerInnenliste: Die Teilnehmer*innenliste wird ausgedruckt und schließlich am Tag der Aktion direkt vor Ort auf den aktuellen Stand gebracht.
- Durchführung der Aktion
- Werkzeug: Das Werkzeug wird nach der Aktion gereinigt und verräumt. Eventuelle Beschädigungen oder Verluste werden repariert oder ersetzt.
- Presseaussendung: Am Tag nach der Aktion werden ein kurzer Bericht sowie ein bis zwei Bilder an regionale Pressestellen gesendet.
- Die aktualisierte TeilnehmerInnenliste wird an unseren Versicherungspartner gesendet.
- Nachbericht: Ein kurzer Nachbericht sowie Fotos der Aktion werden auf die Homepage gestellt.
- Dankes-E-Mail: An alle Teilnehmer*innen wird ein E-Mail gesendet, in dem wir uns noch einmal für die geleistete Arbeit bedanken. Zudem werdender Link auf den Nachbericht und der Verweis auf kommende Aktionen gesendet.
Ergänzend zu dieser Handlungsanleitung werden auf der Checkliste „Workflow Team Karwendel Aktionen“ zudem noch saisonale Vor- und Nachbereitungen beschrieben.
Service-Angaben
Naturpark Karwendel • GF Hermann Sonntag • Marina Hausberger
Unterer Stadtplatz 19 • 6060 Hall in Tirol
Tel.: ++43 (0) 5245 / 28 914 • E-Mail: info@karwendel.org
Website: www.karwendel.org
Stand: November 2016
Der Artikel wurde im Zuge des Projekts „Biodiversität durch Freiwilligenarbeit in Naturparken – Lebensräume pflegen, biologische Vielfalt erhalten, Bewusstsein schaffen“ mit Unterstützung des Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft erstellt.