Biotop Streuobstwiese
Biodiversitätserhalt durch Kulturlandschaftsschutz im Naturpark Südsteiermarkvon Mag. Matthias Rode
Projektbeschreibung
Im Einklang mit der Biodiversitäts-Strategie Österreich 2020+ setzt der Naturpark Projekte zum Schutz und Erhalt der Biodiversität in der Region um. Trotz der Bemühungen des Naturparks Südsteiermark und der Umsetzung zahlreicher Projekte konnte in den letzten 15 Jahren jedoch nicht verhindert werden, dass weiterhin wichtige Kulturlandschaftselemente (vor allem Streuobstwiesen) in der Region aus dem Landschaftsbild verschwinden. Die letzten ökologischen Kartierungen (Landschaftspflegeplan Südsteiermark 2012) haben besorgniserregende Daten hervorgebracht. Streuobstflächen wiesen 2012 einen Anteil von 9 % (1.485 ha) der Gesamtfläche des Naturparks auf. Davon war der Anteil an jungen Streuobstbeständen mit 8 % (11 ha) des gesamten Streuobstbestandes sehr gering. Durch die wenigen Nachpflanzungen muss langfristig mit einem fast totalen Verlust an Streuobstflächen gerechnet werden. Ein wesentlicher Grund dafür ist die fehlende wirtschaftliche Nutzungsmöglichkeit. So sind Heuwiesen ohne Baumbestand weit einfacher zu mähen, was auch aktuell noch immer zur Rodung von Streuobstflächen führt. Etwa 1.010 ha der Streuobstbestände waren 2012 im guten Zustand, 17 % der Bäume waren jedoch bereits damals in sehr schlechtem Zustand und einige Wiesen von deutlichen Verbuschungserscheinungen im Unterwuchs betroffen. Die Streuobstwiesen sind über den gesamten Naturpark relativ gleichmäßig verteilt. Ausgenommen sind größere Talräume (Sulm, Saggau, Laßnitz) mit einem hohen Anteil an Acker- sowie Siedlungsflächen und die höheren Bereiche des Remschniggs, wo aufgrund der Höhenlage die Waldflächen dominieren. Das Bewusstsein der Bevölkerung für den Erhalt und Schutz der Biodiversität sowie der Kulturlandschaft wird über das seit Oktober 2016 für drei Jahre laufende Projekt „Biotop Streuobstwiese – Biodiversitätserhalt = Kulturlandschaftsschutz“, das durch die Naturschutzabteilung des Landes Steiermark gefördert wird, gestärkt.
Das weite Spektrum der Biodiversitätsforschung berücksichtigt den großen Ansatz der Kulturlandschaftserhaltung und führt über den Schutz des Lebensraumes Streuobstwiese bis hin zum Artenschutz.
Besonders die Ziele der Handlungsfelder: Biodiversität „kennen und anerkennen“, „nachhaltig nutzen“ und „erhalten und entwickeln“ werden vermittelt.
Das bereits bestehende Netzwerk des Naturparks aus Naturvermittler*innen, Produzent*innen, Beherberger*innen und Schulen sowie die gute Zusammenarbeit mit den Tourismusverbänden und der Obst- und Weinbau Fachschule Silberberg bietet eine hervorragende Basis, um weite Teile der Naturparkbevölkerung zu erreichen. Zusätzlich werden die abgehaltenen Bildungseinheiten regelmäßig auch als Vernetzungstreffen genützt. Sie werden in Zusammenarbeit mit der Naturpark Akademie Steiermark zu den beiden Schwerpunktthemen „Streuobstwiesen nützen“ und „Naturschutz“ durchgeführt.
Besonders die regionale Landwirtschaft mit den landschaftsprägenden Weinbauern wird intensiv bezüglich des voranschreitenden Kulturlandschaftswandels und seinen negativen Auswirkungen informiert. Bei öffentlichen Veranstaltungen werden die Potentiale, die im Erhalt der Kulturlandschaft liegen, erörtert. Dabei werden gemeinsam mögliche zukünftige Perspektiven erarbeitet, um die – neben den Weingärten bestehenden – Kulturlandschaftselemente zukünftig ökonomisch und ökologisch nachhaltig zu nützen.
In Kooperation mit regionalen Baumschulen wird der Naturpark Jungbäume alter regionaler Obstsorten verteilen (Halbstamm und Hochstamm). Diese Maßnahme stellt einen überaus wichtigen Bestandteil dieses Projektes dar. Ende März 2017 konnten über dieses Projekt 2.400 Jungbäume (23 verschiedene Sorten) an 400 Personen verteilt werden, um dadurch den erheblich veralteten Bestand der Bäume zu verjüngen. Durch die gleichzeitige Ausgabe von 300 Höhlen- und Halbhöhlen-Nistkästen (für Vögel und Fledermäuse) in Zusammenarbeit mit der Berg- und Naturwacht wird der Artenschutz aktiv unterstützt. Außerdem bieten alte Streuobstbestände dem Juchtenkäfer einen wichtigen Lebensraum. Dieser seltene Verwandte des Rosenkäfers lebt in den mit Mulm gefüllten Höhlungen der Altbäume. Ein aktuell laufendes Artenschutzprojekt zum Juchtenkäfer im Naturpark Südsteiermark wird zusätzlich durch die Bildungseinheiten und den aktiven Erhalt der Kulturlandschaft erheblich gestärkt.
Durch die enge Zusammenarbeit mit den 15 Naturparkgemeinden gibt es zusätzlich die Möglichkeit, während der Erntezeit Äpfel in den Gemeindezentren abzugeben und entsprechend des jeweiligen Erntegewichts einen „Gemeinde Opflsoft“ zu bekommen. Die Gemeinden führen die Äpfel zu einer regionalen Obstpresse, diese presst, filtriert und verfüllt den Saft in Pfandflaschen. Alle Naturparkbürger*innen (theoretisch 47.000 Menschen) haben somit die Möglichkeit, Obstsaft aus den eigenen Streuobstbeständen zu bekommen. Damit entsteht ein nachhaltiger Nutzen für die Bevölkerung und gleichzeitig wird durch diese Aktion das Bewusstsein für das Streuobst gefördert. Die Bevölkerung wird dadurch animiert, aktiv Obst zu sammeln, und erkennt wieder den Mehrwert des Streuobsts. Beim Obstsammeln sind auch Schulen und soziale Verbände integriert. So findet die Bewusstseinsbildung den direkten Weg zu den Naturparkbürger*innen.
Ausblick
Die spürbare Begeisterung und Freude der Bürger*innen bei der „Opflsoft-Produktion“ oder bei der großen Jungbaumausgabe im Naturparkzentrum Grottenhof ist ein wunderbarer Erfolg. 2.400 neue Bäume, 300 Nistkästen und 10.000 Liter „Opflsoft“ sind für das Jahr 2016 wertvolle Beiträge zum Erhalt der Kulturlandschaft – das gilt es in den nächsten Jahren auszubauen, zu etablieren und im Bewusstsein der Bevölkerung zu verankern. Im nächsten Schritt wird es aber notwendig sein, Streuobstprodukte unter dem Motto „So schmeckt Biodiversität“ zu entwickeln und ein Netzwerk zwischen Streuobstbesitzer*innen, Veredelungsbetrieben und KonsumentInnen aufzubauen. Das Wissen um die Sortenvielfalt hilft beim Entwickeln spannender Produkte – das Streuobst muss durch einen fairen Preis wieder den Weg zurück in den Wirtschaftskreislauf finden. Intensiv wird auch an der Bewusstseinsbildung weiter gearbeitet. In den Naturpark-Schulen und -Kindergärten ist das Streuobst – und alles was damit in Verbindung steht – der inhaltliche Naturpark-Schwerpunkt für die nächsten zwei Schuljahre. Zusätzlich organisiert der Naturpark einen „Tag der Biodiversität“, an dem eingeladene Forscher verschiedener Fachrichtungen versuchen, innerhalb von 24 Stunden möglichst viele Arten auf einer Streuobstwiese zu finden und zu dokumentieren. Die Bevölkerung ist eingeladen an diesem Event dabei zu sein, um den Wissenschaftlern bei ihrer Arbeit über die Schultern zu blicken!
Service-Angaben
Regionalmanagement Südweststeiermark GmbH – Naturpark Südsteiermark
GF Mag. Matthias Rode • Grottenhof 1 • 8430 Leibnitz
Tel.: 0043 (0) 664 / 8852 4705
E-Mail: m.rode@naturpark-suedsteiermark.at
Web: www.naturpark-suedsteiermark.at
Streuobstwiese – Kulturlandschaftsschutz im Naturpark Südsteiermark (PDF-Download: 0,3 MB)
Stand: Juni 2017